Menschen- & Selbstkenntnis ist erlernbar und nützlich
Wir alle wollen erfolgreich sein, gleichzeitig aber auch nicht ausbrennen, Spaß am Leben haben und uns in einem sozialen Umfeld aufhalten, in dem wir uns verstanden und angenommen fühlen. Zu hoher Anspruch? Nein, denn nur wir bestimmen darüber, was in unser Leben kommt und was nicht. Die Frage ist aber: Wissen wir tatsächlich genau, was wir brauchen, um uns wohlzufühlen? Wissen wir, was wir benötigen, um ein für uns sinnvolles und zufriedenstellendes Leben zu führen? Kennen und akzeptieren wir die Grundmuster unserer Persönlichkeit und unseres Verhaltens, als Basis für dauerhaften Erfolg? Viele Fragen. Die Antwort liegt in den Genen. Die Hirnforschung nahm und nimmt in den letzten Jahren einen rasanten Verlauf. Modernste Techniken ermöglichen immer bessere Verfahren, mit denen sich unser Denken und Fühlen erforschen lässt. Der amerikanische Hirnforscher Paul D. MacLean veröffentlichte bereits 1974 das Konzept des sogenannten „dreieinigen“ Gehirns. Erstmalig konnte wissenschaftlich nachgewiesen werden, dass die Natur uns Menschen mit drei Gehirnen ausgestattet hat (Tri-une Brain), die trotz großer Unterschiede in Aufbau und Funktion zusammenwirken und sich untereinander verständigen müssen. Das Zusammenspiel dieser drei Gehirne ist genetisch determiniert und verantwortlich für die Verhaltensmuster unserer Persönlichkeit. Bereits bei der Befruchtung der Eizelle steht fest, in welchen Einflussstärken diese drei Gehirne miteinander kommunizieren.
Abhängig von Dominanzen
In diesen Erbanlagen sind unsere Talente, unsere Potenziale, aber auch unsere Begrenzungen verankert. Bis zu 60 Prozent der Persönlichkeit eines erwachsenen Menschen sind genetisch festgelegt. Nur 40 bis 50 Prozent unseres Charakters werden durch die Erziehung und den Lebenslauf geprägt. Dieses Wissen wurde Grundlage der Biostruktur-Analyse, die Ende der 70er-Jahre vom deutschen Anthropologen Rolf W. Schirm entwickelt wurde. Durch die Biostruktur-Analyse, die kein psychologischer Test ist, sondern eine wertfreie Analyse, können angeborene Grundmuster unserer Persönlichkeit und unseres Verhaltens zuverlässig ermittelt werden. Mittels der während der Bio-Struktur-Analyse eingesetzten Structogram-Scheibe wird am Ende der Übungen visuell dargestellt, welche Gehirn-Dominanz vorherrscht und wie groß oder wie klein die Einflussstärken der anderen Gehirn-Dominanzen sind. Das Wissen um die Individualität eines jeden von uns steht an zentraler Stelle dieser Analyse. Die individuelle Arbeitsweise der drei Gehirne prägt die Persönlichkeit – die eigene und die des anderen.
Grundstruktur erkennbar
Das mit über 300 Millionen Jahren älteste Gehirn in der Evolution der Persönlichkeit ist das Stammhirn, von Paul D. MacLean auch Reptiliengehirn genannt. Hier „sitzen“ unsere Erfahrungen und unsere Instinkte. Das evolutionsbedingt weiterentwickelte Zwischenhirn (Limbisches System) ist das Gehirn der Selbstbehauptung, der Emotionen und der Bilder. Das jüngste Gehirn in der Evolutionsgeschichte ist das Großhirn (Neocortex), das verantwortlich ist für das Denken, das Rationale, die Logik und das vorausschauende Planen. Im individuellen Zusammenspiel dieser Gehirne ist die Grundstruktur unserer jeweiligen Persönlichkeit und unseres Verhaltens zu erkennen. Je nach Einflussstärken der jeweiligen Gehirne gibt es grün-, rot- oder blaudominante Menschen, aber auch doppelte, gleichwertige Dominanzen. Ebenso entscheidend ist die Rangfolge der Dominanzen sowie deren jeweiliger Anteile (Komponenten). Bei insgesamt 412 Varianten zeigt sich nur bei etwa zehn Prozent der Menschen ein ausgewogenes Einflussverhältnis der Hirnbereiche. Der Weg zur Selbstkenntnis durch die Bio-Strukturanalyse besteht dann in der Interpretation und dem Abgleich mit den bisherigen Lebenserfahrungen. Nun können wir überprüfen, ob wir in Übereinstimmung mit unserem Naturell leben oder ob wir uns Methoden/Verhaltensweisen angeeignet haben, die uns viel Mühe kosten, uns anstrengen und somit auch stressen. Dafür gibt es sogenannte Structogram-Seminare, in denen zunächst der „Schlüssel zur Selbstkenntnis“ trainiert wird, im zweiten Schritt die Menschenkenntnis.
Der Nutzen im Alltag
Wer weiß, wie sein Gegenüber tickt, der weiß auch, wo er ihn abholen kann. Er kennt die Bedürfnisse dieses Menschen, seine Kaufmotive und mögliche Kaufwiderstände. Auch für Kosmetikerinnen ist das Structogram-Training interessant. Sie lernen sich von Grund auf selber kennen – und darüber hinaus die Biostrukturen anderer Menschen zielgenau zu orten, wodurch sie ihre Kundinnen individueller beraten und behandeln können. Nach dem Training lässt sich dank des neuen Wissens (insbesondere Erstkundinnen) gleich die Behandlungsmethode anbieten, die am besten zur Biostruktur der Kundin passt. Aber auch der Verkauf wird deutlich angekurbelt. Im Workshop-Teil des Seminars erarbeiten die Teilnehmer Argumente, durch die sie gezielt die individuellen Kaufmotive unterschiedlicher Biostrukturen ansprechen und lernen, ein und dasselbe Produkt jeweils anders zu verkaufen. Durch diese Strategie sollen dann zukünftig die Verkaufszahlen nachhaltig gesteigert werden. Aber auch in Familie, Freundeskreis und Bekanntenkreis, im alltäglichen Mikrokosmos der sozialen Bindungen also, trägt das neue Wissen um die Bedeutung des dreieinigen Gehirns dazu bei, sich selber und andere besser zu verstehen. Man lernt, welche Verhaltensweisen man von anderen Menschen erwarten kann und welche nicht. Das schützt vor immer wiederkehrenden Enttäuschungen, beruflich und privat. Erst wenn wir akzeptieren, dass nicht jeder ein Dauerlächler, ein emotionaler, analytischer, stimmungsgeladener, distanzierter, einfühlsamer, sachlicher und aktiver Mensch sein kann, entwickeln wir eine Toleranz, die allen guttut. Denn sie führt zu mehr Gelassenheit, weniger Beziehungsproblemen und mehr Wohlbefinden.
Drei in einem
In der Biostruktur-Analyse werden den jeweiligen Gehirnen Farben zugeordnet Grün entspricht dem Stammhirn, Rot dem Zwischenhirn und Blau dem Großhirn.
- Dominiert das Stammhirn, dann sind wir gefühlsbetonte und mitteilungsbedürftige Menschen, können schnell Kontakte zu anderen herstellen, sind gute Teamplayer, haben ein gutes Gespür für andere Menschen und handeln in erster Linie aus Erfahrung. Unser Erfolg liegt in der Empathie.
- Hat das Zwischenhirn das Sagen, neigen wir zu Impulsverhalten und schwarz/weiß codiertem Denken (mag ich, mag ich nicht, Freund oder Feind), Autorität, Wettbewerb und Überlegenheit, Wir wollen uns schnell entscheiden und zum Ziel kommen. Der Status in der Gruppe ist wichtig. Wir können andere Menschen mitreißen und begeistern.
- Die Distanziertheit, das analytische Denken, das Bedürfnis nach Struktur und Logik, der Drang zum Fortschritt und zur Perfektion sowie das verschlossene Wesen unterliegen dem Einfluss des Großhirns. Wir können uns gut konzentrieren und überzeugen durch das Zusammentragen sachlicher Argumente.
Dieser Beitrag ist als Artikel in der Zeitschrift „Kosmetik International“, Ausgabe Mai 2016 erscheinen. (Download: Kosmetik_International_2016_05.pdf)